Bei Mädchen mit Galaktosämie kommt es sehr häufig zu Problemen im Hormonbereich.
Das Organ, bei dem die Probleme auftreten, ist der Eierstock. Er besteht u.a. aus dem Stroma (eine Art Bindegewebe) mit den Follikeln. In diesen Follikeln gibt es einerseits hormonproduzierende Zellen und andererseits Keimzellen. Die Keimzellen sind diejenigen, die letztlich für die Fruchtbarkeit verantwortlich sind.

 

WAS PASSIERT IN DER PUBERTÄT?

Im Gehirn befindet sich die Hirnanhangsdrüse, die Hypophyse, welche die Hormone LH und FHS produziert (Gonadotropine). Diese Hormone stimulieren die Eierstöcke, welche die entsprechenden weiblichen und zum Teil auch männlichen Hormone produzieren (das Östrogen, das Progesteron und zu einem geringen Anteil auch das Testosteron). Während der ganzen Kindheit ruht dieses System. Es ist zwar die Hypophyse da, es sind die Zellen da, welche die Gonadotropine produzieren, aber das weibliche Kind zeigt keine Anzeichen dafür, dass diese Hormone wirken.
Zur Zeit der Pubertät beginnt dann normalerweise in der Hirnanhangsdrüse eine sehr starke Produktion von LH und FSH und die Eierstöcke werden angeregt, Hormone zu produzieren. Vor allem Östrogen bewirkt jene Veränderungen, die man als Pubertäts-entwicklung bezeichnet, d.h. es kommt zur Ausbildung der Brust und dazu, dass die Gebärmutterschleimhaut aufgebaut und zyklisch wieder abgestoßen wird, dass die Gebärmutter wächst und sich innerhalb von ein paar Jahren aus dem Mädchen eine erwachsene Frau entwickelt.
Die ersten Anzeichen der Pubertätsentwicklung bemerkt man meist im Alter von 11 – 13 Jahren. Die Brust wächst und etwa 1 ½ – 2 Jahre später beginnt die erste Regelblutung. Die dafür verantwortliche Erhöhung der Hormone kann man im Blut messen. Funktioniert der Eierstock normal, wird nicht nur das Östrogen gebildet, sondern auch das Progesteron. In der Folge setzt ca. 1 – 2 Jahre nach dem Auftreten der ersten Blutung eine geordnete Produktion von Östrogen und Progesteron und dadurch ein normaler ovulatorischer Zyklus ein – ein Zyklus, der auch mit einem Eisprung verbunden ist. Ab diesem Zeitpunkt ist ein Mädchen fruchtbar.
Diese Östrogene sind bis hin zum Wechsel nicht nur dafür verantwortlich, dass man ein normales Aussehen und Empfinden als Frau sowie Menstruationen hat und fruchtbar ist, sondern auch dafür, dass die Knochendichte entsprechend ausgebildet wird. Das ist auch der Grund, warum heutzutage empfohlen wird, nach dem Wechsel weiter Östrogene zu nehmen.

Bei Mädchen mit Galaktosämie sind die Hormone LH und FSH zwar da, aber dadurch, dass das Endorgan, der Eierstock, aus irgendeinem Grund nicht anspricht, bemühen sich diese Hormone umsonst. Sie werden sozusagen blockiert und die Werte steigen daher an.
Ein Befund mit einer Erhöhung von LH und FSH ist typisch für alle Formen der primären Ovarialinsuffizienz (ovarial = Eierstock, Insuffizienz = Unvermögen). Es findet sich deswegen keine Östrogenproduktion in den Eierstöcken, das Wachstum der Gebärmutter bleibt aus, die Regel bleibt aus und es fehlt die klinische Pubertätsentwicklung.
Die Schambehaarung wird normal sein, weil hierfür hauptsächlich Hormone, die aus der Nebenniere kommen, verantwortlich sind.
In einem Befund können Sie eventuell auch auf die Begriffe primäre oder sekundäre Amenorrhoe stoßen.
 Amenorrhoe heißt „keine Blutung“,
 primär heißt „es war nie eine Blutung da und sie bleibt immer aus“ und
 sekundäre Amenorrhoe bedeutet „‚es ist wohl eine Regelblutung da, es gibt eine Zeit lang normale Zyklen (meist mit sehr großen Abständen), aber irgendwann einmal bleiben diese Zyklen aus“.

Die wenigen Studien, die sich mit dem Thema der Hormonprobleme bei der Galaktosämie beschäftigen, berichten, dass 75 – 90 % aller Mädchen und Frauen mit Galaktosämie ein Problem mit den Eierstöcken haben. Allerdings wurden bei diesen Studien lange zurückreichende Daten von Patientinnen retrospektiv ausgewertet. Dies ist keine ideale Art der Untersuchung. Das heißt auch nicht, dass all diese Frauen und Mädchen nicht in die Pubertät kommen und von Anfang an abnorme Hormonbefunde haben. Es kann z.B. sein, dass die Pubertät sehr wohl zu einem normalen Zeitpunkt eintritt, sich ein paar Zyklen lang ein ganz normales Bild bietet, und dass ein Mädchen dann erst mit 16, 17 Jahren aufhört zu menstruieren. Oder es kann sich so äußern, dass es Fertilitätsprobleme gibt, dass also eine Frau mit Galaktosämie, die immer normale Zyklen gehabt hat, erst bei einem Kinderwunsch auf Probleme stößt. Es ist auch möglich, dass es nur eine vorzeitige Menopause gibt, also ein frühzeitiges Eintreten in den Wechsel. All diese Probleme zählen zu diesen 75 – 90% der in den Studien beschriebenen Fälle.
Man hat herausgefunden, dass, auch wenn ein Kind sofort bei der Geburt diagnostiziert wird und eine Diät erhält, unabhängig davon, wie die Diät eingehalten wird, das Wesen dieser Eierstockstörung nicht zu beeinflussen ist. Deswegen muss man wohl davon ausgehen, dass offenbar schon vor der Geburt beim Fötus die toxische Wirkung auf die Eierstöcke auftritt.
Man hat anlässlich von Untersuchungen bei schwangeren Frauen gesehen, dass sich eine Störung auch durch eine Diät während der Schwangerschaft nicht verhindern ließ.

Bei Burschen mit Galaktosämie tritt die Pubertät normal ein und auch bei der Zeugungsfähigkeit wurden keine Probleme beobachtet. Zu der Frage, ob die Fruchtbarkeit beeinträchtigt ist, gibt es allerdings zu wenige Untersuchungen. So liegt keine Untersuchung mit Spermiogrammen, oder Hodenbiopsien, etc. vor.

Auch bei gesunden Kindern ist es so, dass der Anfang der Pubertätsentwicklung einen sehr weiten Altersrahmen hat. Es ist also normal, wenn ein Mädchen mit 9 oder auch 8 Jahren die ersten Brustansätze zeigt, genauso kann es aber auch normal sein, wenn ein 15-jähriges Mädchen keine Zeichen der Pubertätsentwicklung aufweist.
Die Pubertätsentwicklung beginnt meist im Alter von 11 Jahren. Im Schnitt liegt das Alter der Regelblutung so im Alter von 12 ½ Jahren. Wenn also bei einem Mädchen, das 13 – 14 Jahre alt ist, keinerlei Pubertätsentwicklung vorliegt und dieses Mädchen Galaktosämie hat, wird man wohl hellhörig sein und relativ früh die entsprechenden Befunde abnehmen.
Diese fehlende Pubertätsentwicklung wirkt sich auch auf die Größe aus. Eine wichtige Wirkung von diesen Eierstocksteroiden ist auch der Pubertätswachstumsschub, d.h. Kinder, die nicht in die Pubertät eintreten, werden auch vorübergehend, aber durch Therapie beeinflussbar, kleiner als altersgleiche Mädchen, die schon in der Pubertät sind, sein. Deshalb ist es sinnvoll, die Größe zu dokumentieren und auch eine Knochenalteruntersuchung mit Hilfe eines Handwurzelröntgens zu machen.
Wenn also ein Mädchen mit Galaktosämie keinerlei Zeichen einer klinischen Pubertätsentwicklung zeigt, ist es sinnvoll, mit ca. 14 Jahren eine Blutuntersuchung zu machen. Hierbei werden das LH und das FSH (die Gonadotropine) untersucht. Sind diese hoch, kann man annehmen, dass es in den Eierstöcken ein Problem gibt. Manchmal sind aber diese Gonadotropine bei einer einfachen Blutabnahme nicht erhöht. Besser ist ein spezieller Hormontest (LHRH-Test), bei dem durch 2 oder 3 Stunden hindurch im Abstand von einer halben Stunde Blut abgenommen wird, nachdem mit einem anderen, übergeschalteten Hormon stimuliert wird. Das ist kein Medikament, sondern ein Hormon, das im Körper selbst auch produziert wird. Man kann natürlich auch das Östrogen und das Progesteron selber messen.
Eine ergänzende Untersuchung, die allerdings nicht so viel Aussagekraft hat, ist der Ultraschall. Es ist nämlich für Mädchen vor der Pubertät normal, wenn man die Eierstöcke nicht nachweisen kann, da die Störung, die sich in den Eierstöcken abspielt, nicht sichtbar ist. Sehr wohl kann man aber zur Zeit der Pubertät und bei Erwachsenen beurteilen, ob sich Follikel in den Eierstöcken befinden und ob die Größe von Eierstock und eben vom Uterus, der Gebärmutter, normal ist.

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